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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 31.07.2006
Aktenzeichen: 16 Sa 1889/05
Rechtsgebiete: TVG, VTV/Bau


Vorschriften:

TVG § 1
VTV/Bau § 1 II
Ein Betrieb, von dem arbeitszeitlich überwiegend von Drittunternehmen bezogene Tür- und Fensterelemente eingebaut werden, ist nicht deshalb als Betrieb des Glaserhandwerks vom betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge ausgenommen, weil einer der beiden beschäftigten Arbeitnehmer, der keine abgeschlossene Ausbildung im Glaserhandwerk besitzt, vor seiner Tätigkeit im Betrieb jahrelang in einer Glaserei tätig war.
Tenor:

Die Berufungen der Beklagten gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 30. August 2006 - 8 Ca 524/05 - und vom 30. August 2006 - 8 Ca 3412/04 - werden auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die vorbezeichneten arbeitsgerichtlichen Urteile werden dahingehend berichtigt, dass vor dem letzten Satz des Urteilstenors (»Der Wert des Streitgegenstandes...«) jeweils der Satz eingefügt wird:

»Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen«.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in zwei vom Berufungsgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtsstreiten um Auskunftsverpflichtungen der Beklagten nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes für den Zeitraum Juli bis November 2004.

Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifverträge des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.

Die am 09. Mai 1984 ins Handelsregister eingetragene Beklagte befasste sich bis einschließlich 1998 mit der Eigenfertigung von Fenster- und Türelementen. Seit Januar 1999 stellt sie derartige Elemente nur noch in Einzelfällen (ca. 5% der Tätigkeit) her. Seit diesem Zeitpunkt besteht die betriebliche Tätigkeit zu ca. 80 % der Arbeitszeit der beschäftigten Arbeitnehmer in dem Einbau von Fenster- und Türelementen, vornehmlich in Altbauten. Diese Elemente werden von anderen Unternehmen gefertigt und an die Beklagte geliefert. Zu ca. 20 % der Arbeitszeit werden Rolläden eingebaut. In die Handwerksrolle ist die Beklagte als Metallbauer eingetragen.

Im Jahre 2004 waren bei der Beklagten die gewerblichen Arbeitnehmer Xxxxxx Xxxxx (seit 18. Oktober 1999) und Xxxx Xxxxxxx (seit 01. Dezember 2000) tätig, außerdem als geringfügig Beschäftigter seit 01. Februar 2004 Xxxxx Xxxxxxxx. Herr Xxxxx, der vor seiner Tätigkeit bei der Beklagten eine Schreinerlehre ohne Abschluss absolviert und mehrere Jahre in einer Glaserei und in einem Fachbetrieb für Rollläden und Kunststofffenster gearbeitet hatte, nahm die Aufgaben eines Vorarbeiters wahr.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe im gesamten Klagezeitraum einen baugewerblichen Betrieb im Sinne der Bautarifverträge unterhalten, weil zu mehr als 50 % der gesamtbetrieblichen Arbeitszeit von Dritten bezogene Fenster- und Türelemente in Gebäude eingebaut worden seien. Um einen vom Geltungsbereich der Bautarifverträge ausgenommenen Glaserbetrieb handele es sich schon deshalb nicht, weil die Beklagte keine typischen Tätigkeiten des Glaserhandwerks durchführe, mit diesem Handwerkszweig auch nicht in die Handwerksrolle eingetragen sei und zudem auf dem Markt als Betrieb für Fenster- und Türmontage auftrete. Dementsprechend schulde die Beklagte die Erteilung der tarifvertraglich normierten Auskünfte für gewerbliche Arbeitnehmer, für den Fall der Nichterfüllung Zahlung einer Entschädigung.

Der Kläger hat in dem erstinstanzlichen Verfahren 8 Ca 3412/04 beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, auf dem von ihm zur Verfügung gestellten Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viel gewerbliche Arbeitnehmer die eine nach den Vorschriften des sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten Juli bis September 2004

In dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurde, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind, für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an den Kläger folgende Entschädigung zu zahlen: 1.140,00 €, und in dem erstinstanzlichen Verfahren 8 Ca 524/05 beantragt,

die Beklagte zu verurteilen auf dem von ihm zur Verfügung gestellten Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viel gewerbliche Arbeitnehmer die eine nach den Vorschriften des sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten Oktober bis Dezember 2004

In dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurde, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind, für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an den Kläger folgende Entschädigung zu zahlen: 1.140,00 €.

Die Beklagte hat jeweils beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, bei ihrem Betrieb habe es sich im Klagezeitraum um einen vom betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge ausdrücklich ausgenommenen Betrieb des Glaserhandwerks gehandelt. Aufgrund seiner 35jäjrigen Beschäftigung in Betrieben des Bereichs Glaserhandwerk sei der Arbeitnehmer Xxxxx als Fachmann des Glaserhandwerks anzusehen, der die Arbeiten beaufsichtige.

Das Arbeitsgericht hat beiden Klagen mit seinen Urteilen vom 30. August 2005 stattgegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten auf Bl. 31 bis 41 sowie Bl. 22 bis 32 der mitverbundenen Akte 16 Sa 1890/05 Bezug genommen.

Gegen beide Urteile hat die Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 31. Juli 2006 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Sie verfolgt ihr auf Klageabweisung gerichtetes Begehren jeweils in vollem Umfang weiter und trägt vor, entgegen dem Arbeitsgericht sei ihr Betrieb als ein solcher des Glaserhandwerks vom betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge ausgenommen. Richtig sei zwar, dass arbeitszeitlich überwiegend Arbeiten durchgeführt worden seien, die auch dem Baugewerbe im tariflichen Sinne zuzuordnen seien. Gleichzeitig handele es sich bei ihren überwiegend ausgeführten Arbeiten jedoch auch um solche des Glaserhandwerks. Diese Arbeiten seien von gelernten Arbeitnehmern des Glaserhandwerks verrichtet worden. Der Arbeitnehmer Xxxxx besitze aufgrund seiner jahrelangen Tätigkeit im Glaserhandwerk sämtliche Kenntnisse und Fähigkeiten eines Glasergesellen. Er habe bei seinem Vorarbeitgeber die Tätigkeiten des Fensterbauers erlernt, weil er sowohl Rahmen hergestellt wie auch Fenster eingebaut habe.

Der Kläger beantrast Zurückweisung beider Berufungen, verteidigt die erstinstanzlichen Urteile und meint, die Beklagte habe nach wie vor nicht dargelegt, dass der Arbeitnehmer Xxxxx aufgrund seiner fachlichen Kenntnisse einem Glasergesellen gleichzustellen sei. Allenfalls könne dieser als Fachmann für Fenster und Türeinbau angesehen werden. Das sei jedoch nicht einmal eine typische Glasertätigkeit. Im übrigen könne es auf die Ausbildung der Arbeitnehmer auch nicht ankommen, entscheidend sei allein die Tätigkeit. Diese sei bei der Beklagten im Klagezeitraum keine typische des Glaserhandwerks gewesen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 31. Juli 2006 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Beide gemäß §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthaften Berufungen begegnen hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei keinerlei Bedenken. Sie sind auch jeweils form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache haben beide Berufungen keinen Erfolg. Denn das Arbeitsgericht hat den Klagen zu Recht stattgegeben. Der Kläger kann von der Beklagten für den Zeitraum Juli bis Dezember 2004 die verlangten Auskünfte fordern.

Anspruchsgrundlage für das Auskunftsverlangen ist § 21 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 (VTV) in der für das Kalenderjahr 2004 gültigen Fassung. Denn durch diese tarifvertragliche Vorschrift wurden für den Klagezeitraum gegenüber der Beklagten die vom Kläger geltend gemachten Auskunftsansprüche begründet, weil der VTV für die Beklagte im Klagezeitraum galt.

Ob die Beklagte Mitglied einer der tarifvertragschließenden Verbände war oder ist, spielt keine Rolle. Denn der VTV war in der für den Klagezeitraum maßgeblichen Fassungen für allgemeinverbindlich erklärt, so dass die Rechtsnormen dieser Tarifverträge auch für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer galten (§§ 5 Abs. 4, 4 Abs. 2 TVG).

Die Beklagte unterhielt im gesamten Klagezeitraum auch einen Betrieb, der unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV fiel.

Nach § 1 Abs. 2 VTV fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages diejenigen Betriebe, in denen überwiegend entweder die in § 1 Abs. 2 Abschnitt V genannten Beispielstätigkeiten ausgeführt werden oder aber Leistungen im Sinne der Abschnitte I bis IV (ständige Rechtsprechung seit BAG 18. Januar 1984 AP Nr. 60 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob hiernach bauliche Leistungen überwiegend erbracht werden, bemisst sich danach, ob die überwiegende betriebliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer auf derartige bauliche Tätigkeiten entfällt. Nicht maßgeblich sind dagegen wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst oder handels- oder gewerberechtliche Kriterien (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BAG, 28.April 2004 AP Nr. 264 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob die überwiegende Arbeitszeit auf bauliche oder nichtbauliche Leistung entfällt, ist nach der Arbeitszeit eines Kalenderjahres zu beurteilen, soweit sich die Tätigkeiten des Betriebes, wie im vorliegenden Fall, über ein Kalenderjahr erstrecken (vgl. BAG, 22.April 1987, 12.Dezember 1988 und 25.Juli 2001 AP Nr. 82, 106 und 240 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Schließlich ist Bedacht darauf zu nehmen, ob der Betrieb unter eine der Ausnahmeregelungen des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV fällt.

Nach diesen Maßstäben war der Betrieb der Beklagten im gesamten Klagezeitraum ein baugewerblicher im tariflichen Sinne.

Der unstreitig vom Betrieb der Beklagten im Jahre 2004 überwiegend durchgeführte Einbau, also die Montage, von Fenster- und Türelementen, die von Drittunternehmen produziert und an die Beklagte geliefert wurden, fällt unter die in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 37 VTV ausdrücklich genannten Trocken- und Montagebauarbeiten (vgl. BAG, 26.Januar 1994 AP Nr. 171 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG, 12.Oktober 1994 - 10 AZR 982/93; ständige Kammerrechtsprechung, vgl. zuletzt Kammerurteil vom 31.Januar 2005 - 16 Sa 1084/04). Das zeigt der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes im Klammerzusatz dieser Norm ausdrücklich als Beispielstätigkeit den Wandeinbau nennen. Unter einer Wand versteht man die seitliche Begrenzung eines Raumes oder Gebäudes (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Jubiläumsausgabe 1990 S. 1407). Fenster und Türen sind nichts anderes als (meist) bewegliche und (meist) durchsichtige Teile der seitlichen Begrenzung eines Raumes oder Gebäudes.

Ein Weiteres bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien den Einbau von Fenster- und Türelementen als Trockenbauarbeiten ansehen wollen. Mit dem Begriff der "Trockenbauarbeiten" greifen die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nämlich erkennbar auf den in der Fachsprache des Baugewerbes maßgeblichen Begriffsinhalt zurück und lassen sich vom Berufsbild des Trockenbaumonteurs, einem Beruf des Baugewerbes, leiten (vgl. BAG, 27.August 1986, 26.April 1989, 24.Oktober 2001 und 23.Oktober 2002 AP Nr. 70, 110, 245 und 255 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Zu den Tätigkeiten des Trockenbaumonteurs zählt der Einbau von Fenstern und Türen. Derartige Arbeiten werden im Ausbildungsrahmenplan für den Trockenbaumonteur ausdrücklich genannt (vgl. ab 01. August 1999 Anlage 12 zu § 64 Nr. 8 c der Verordnung über die Berufsausbildung der Bauwirtschaft vom 02. Juni 1999, BGBl. I 1999 S. 1102).

Ob daneben auch § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 13 (Fertigbauarbeiten) einschlägig ist, wovon das BAG unter Umständen ausgeht (vgl. BAG 26.Januar 1994, a. a. O.), während die erkennende Berufungskammer den Einbau von Fertigbauteilen nur bejaht, wenn, was beim Einbau von Fenster- und Türelementen nicht der Fall ist, herkömmliche Bauweise substituiert wird (vgl. Kammerurteil vom 18.August 2003 - 16 Sa 1888/02 EzAÜG § 1 AEntG Nr. 16), kann dahinstehen. Im Übrigen ist auch die allgemeine Bestimmung des § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV (VTV 2000) einschlägig (vgl. BAG 26. Janaur 1994 und 12. Oktober 1994, jeweils a. a. O.).

Darüber hinaus fällt auch der von der Beklagten zu ca. 20 % der Gesamtarbeitszeit durchgeführte Einbau von Rolläden jedenfalls unter § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV. Denn auch derartige Tätigkeiten gehören, wie zur Erfüllung von § 1 Abs. 2 Abschnitt II vonnöten, zu der vom Bauherrn bzw. Eigentümer gewollten Erstellung bzw. Instandsetzung oder Instandhaltung von Gebäuden. Die erforderliche bauliche Prägung ergibt sich daraus, dass die Tätigkeiten des Rollladen- und Jalousienbauers, die auch die Montage von Rollläden mitumfasst, herkömmlicherweise dem Bereich des Baugewerbes zugeordnet wird (vgl. Kammerurteile vom 30.April 2001 - 16 Sa 1500/00, vom 07.Februar 2000 - 16 Sa 913/99 und vom 24.August 1992 - 16 Sa 1701/92).

Der Betrieb der Beklagten ist auch nicht nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 4 VTV vom betrieblichen Geltungsbereich des Tarifvertrages ausgenommen.

Nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 4 VTV werden vom betrieblichen Geltungsbereich nicht erfasst "Betriebe des Glaserhandwerks".

Einen solchen Betrieb unterhielt die Beklagte im Klagezeitraum nicht. Zwar handelt es sich bei den von ihr arbeitszeitlich überwiegend durchgeführten Arbeiten um solche, die auch vom Glaserhandwerk durchgeführt werden. Gleichwohl kann von einem Betrieb des Glaserhandwerks nicht ausgegangen werden.

Insoweit gilt:

Was die Tarifvertragsparteien unter "Betriebe des Glaserhandwerks" verstanden wissen wollen, ist durch Auslegung der tarifvertraglichen Regelung zu ermitteln.

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist danach zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind zu berücksichtigen, soweit diese Gesichtspunkte in der Tarifnorm ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien, wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel soll nach der Rechtsprechung die Tarifauslegung zu wählen sein, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BAG, 19.März 2003 - 10 AZR 175/02; BAG 20. April 1994 AP Nr.11 zu §§ 22,23 BAT Zulagen; BAG 24. November 2004 EzA TVG § 4 Bankgewerbe Nr.4).

Unter Anlegung dieser Maßstäbe ergibt sich:

Bereits aus dem Wortlaut von § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 4 folgt, dass es notwendiges Merkmal "eines Betriebes des Glaserhandwerks" ist, dass arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten dieses Handwerkszweiges durchgeführt werden. Ein Betrieb ist nach allgemeinem arbeitsrechtlichen Sprachgebrauch eine arbeitstechnische Einheit. Ein Betrieb des Glaserhandwerks kann daher nur vorliegen, wenn arbeitstechnische Aufgaben dieses Handwerks durchgeführt werden. Das muss arbeitszeitlich überwiegend geschehen, weil es auch für Abschn.VII des § 1 Abs.2 VTV auf die überwiegende Arbeitszeit ankommt (vgl. BAG 18. Mai 1994 AP Nr. 180 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Dieses Merkmal erfüllte der Betrieb der Beklagten im Klagezeitraum.

Der von der Beklagten arbeitszeitlich überwiegend durchgeführte Einbau von Fenster- und Türelementen zählt zu den Tätigkeiten, die nach Berufsrecht und Berufskunde auch dem Glaserhandwerk zuzurechnen sind. Die ab 01. August 2001 gültige Verordnung vom 08. Juli 2001 nennt als Gegenstand der Berufsausbildung in der Fachrichtung Fenster- und Glasfassadenbau ausdrücklich das Einbauen von Fenster-, Türen- und Fassadenkonstruktionen (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 c). Nach der Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderung im praktischen Teil und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Glaserhandwerk vom 09. Dezember 1975 (BGBl. I 1975 S. 3012) ist dem Glaserhandwerk u. a. zuzuordnen die Herstellung und der Einbau von Verglasungen, Fenster-, Fenstertür-Elementen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2). Das berufskundliche Schrifttum bestätigt dies. Es nennt das Herstellen von Fenstern und Einbauen der Bauteile durch Befestigen, Wärmedämmen und Abdichten der Anschlusspunkte als Tätigkeiten des Glaserhandwerks (Blätter für Berufskunde 1-II C 301 S. 2).

Die arbeitszeitlich überwiegende Durchführung von Tätigkeiten, die dem Glaserhandwerk zuzurechnen sind, ist jedoch kein hinreichendes Merkmal zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 4.

Das folgt freilich nicht bereits aus dem Umstand, dass die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes in § 1 Abs.2 Abschn. V Nr. 37 mit den Trocken- und Montagebauarbeiten Tätigkeiten nennen, unter die der Einbau von Fenster- und Türelementen ebenfalls fällt. Denn die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes haben das Phänomen, dass Arbeiten eines ausgenommenen Gewerbezweiges auch in Abschn. V (oder Abschn. IV) aufgeführt sind, erkannt und geregelt. Das zeigen die in Abschn. VII Nr.5, Nr.6, Nr.7, Nr.11 und 12 für das Ofen- und Herdsetzerhandwerk, für das Maler- und Lackiererhandwerk, für die Naturstein- und Naturwerksteinindustrie, für das Schreinerhandwerk und für das Klempnerhandwerk, das Gas- und Wasserinstallationsgewerbe, das Elektroinstallationsgewerbe, das Zentralheizungsbauer- und Lüftungsbauergewerbe sowie den Klimaanlagenbau ausdrücklich in den Tarifvertrag aufgenommenen Rückausnahmen. Danach sind Betriebe dieser Gewerbezweige zwar vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen, sie werden aber gleichwohl erfasst, wenn Arbeiten der in Abschn. IV oder V aufgeführten Art durchgeführt werden. Eine solche Rückausnahme fehlt für das Glaserhandwerk.

Aus dem Fehlen einer Rückausnahme in § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr.4 kann andererseits allerdings nicht geschlossen werden, dass die Tarifvertragsparteien damit alle Tätigkeiten, die nach Herkommen und Üblichkeit (auch) im Glaserhandwerk durchgeführt werden, von ihrem Tarifwerk ausnehmen wollen.

Dieser Annahme widerstreitet bereits der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien Trockenbau- und Montagebauarbeiten, wie bereits ausgeführt, erkennbar über das bauliche Berufsbild des Trockenbaumonteurs definieren und damit unter § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 alle Tätigkeiten fassen wollen, die nach Berufsrecht und Berufskunde von diesem baugewerblichen Beruf wahrgenommen werden. Das stellt die Annahme in Frage, es entspräche dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes, Betriebe, die arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten durchführen, die dem Berufsbild des Trockenbaumonteurs entsprechen, nur deshalb dem betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge zu entziehen, weil sie auch dem Glaserhandwerk zugerechnet werden.

Der erkennbare Sinn und Zweck der Ausnahmebestimmung des § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr.4 VTV bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien mit dieser Bestimmung nicht alle Betriebe ausnehmen wollen, die irgendeine, auch dem Glaserhandwerk zuzuordnende Tätigkeit ausüben. Mit dem Betrieben des Glaserhandwerk nehmen die Tarifvertragsparteien nämlich einen Gewerbezweig aus ihrem Tarifwerk aus, der herkömmlicherweise dem Bereich des Baugewerbes, nämlich dem sogenannten Ausbaugewerbe, zuzuordnen ist. Wenn die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes gleichwohl ausdrücklich für diesen Gewerbezweig auf tarifliche Regelungen verzichten, kann dies nur so verstanden werden, dass die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes damit zum Ausdruck bringen wollten und zum Ausdruck gebracht haben, dass nach ihrer Vorstellung die bautariflichen Regelungen den Spezifika dieses historisch schon immer besonderen Zweigs des Baugewerbes, für den es im übrigen auch eigene Tarifverträge gibt, im Hinblick auf die Regelung von Arbeitsbedingungen nicht hinreichend gerecht werden. Die insoweit von den Tarifvertragsparteien in § 1 Abs.2 Absch. VII Nr. 4 vorausgesetzten Besonderheiten des Glaserhandwerks können jedoch nicht schon dann gegeben sein, wenn irgendwelche Tätigkeiten ausgeübt werden, die nach Herkommen und Üblichkeit (auch) dem Glaserhandwerk, daneben aber (auch) einem von den Tarifvertragsparteien erkennbar erfaßten beruflichen Tätigkeitsfeld zugeordnet sind, wie es beim Einbau von Tür- und Fensterelementen der Fall ist. Denn die letztgenannten Tätigkeiten wollen die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes ausdrücklich erfassen.

Damit bedarf es einer Harmonisierung zwischen der Bestimmung des § 1 Abs.2 Abschn. V VTV, hier insbesondere dessen Nr. 37, und der des § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr.4 VTV .

Eine solche Harmonisierung zwischen den Bestimmungen des Abschn. VII und denen der Abschn. IV und V des § 1 Abs.2 soll nach der Rechtsprechung des BAG allgemein dadurch erreicht werden, dass dann, wenn von einem Betrieb Tätigkeiten ausgeübt werden, die sowohl unter § 1 Abs. 2 Abschnitt II bis V wie auch unter einen Tätigkeitsbereich eines von Abschnitt VII ausgenommenen Gewerbezweiges fallen, von sog. "sowohl-als-auch-Tätigkeiten" zu sprechen sei. Ein Betrieb, der derartige Tätigkeiten arbeitszeitlich überwiegend durchführt, soll nach der Rechtsprechung des BAG - soweit nicht Rückausnahmebestimmungen des Abschnittes VII eingreifen - nur (aber auch) ein solcher eines ausgenommenen Gewerbezweiges nach Abschnitt VII sein, wenn daneben auch - und zwar in nicht unerheblichem Umfang - nämlich zu mindestens 20 % der gesamten betrieblichen Arbeitszeit (vgl. z. B. BAG, 16.Mai 2001 AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge: Dachdecker) - Arbeiten ausgeführt werden, die ausschließlich dem vom betrieblichen Geltungsbereich ausgenommenen Gewerk zuzuordnen sind, die also für dieses Gewerk typisch sind, oder die "sowohl-als-auch-Arbeiten" in nicht unerheblichem Umfang von gelernten Arbeitnehmern dieses Gewerks ausgeführt werden oder eine entsprechende Aufsicht durch einen Fachmann dieses Gewerks besteht. Darlegungs- und im Streitfall beweispflichtig ist insoweit der vom Kläger in Anspruch genommene, sich auf die Merkmale der Erfüllung eines Ausnahmetatbestandes berufende Arbeitgeber (vgl. BAG 13. Mai 2004 AP Nr. 265 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau)

Diese, zunächst auf das Dachdeckerhandwerk (vgl. BAG, 24.Februar 1988 und 23.November 1988 AP Nr. 2 und 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Dachdeckerhandwerk; BAG, 03.Dezember 1986 und 14.Oktober 1987 AP Nr. 73 und 87 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG, 06. Mai 1987 - 4 AZR 664/86; BAG, 28. November 1990 - 4 AZR 208/90; BAG, 22. September 1993 - 10 AZR 401/91, zuletzt BAG 16.Mai 2001 aaO.) beschränkte Rechtsprechung hat das BAG später auf die anderen Ausnahmetatbestände des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII ausgedehnt (vgl. z. B. BAG, 23.August 1995 AP Nr. 193 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau, BAG, 20.September 1995 - 10 AZR 609/94 und BAG, 24.November 2004 AP Nr. 12 zu § 62 ArbGG 1979 für das Glaserhandwerk; BAG, 22.Januar 1997 AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: Maler für Betriebe des Maler- und Lackiererhandwerks; BAG 20. April 2005 - 10 AZR 282/04 - für das Elektroinstallationsgewerbe). Auch für die Abgrenzung zwischen Bautarifverträgen und Tarifverträgen des Garten- und Landschaftsbaus hat das BAG auf diese Rechtsprechung zurückgegriffen (vgl. BAG 23. Februar 2005 - 10 AZR 382/04).

Nach dieser Rechtsprechung handelt es sich beim Betrieb der Beklagten im Klagezeitraum nicht um einen solchen des Glaserhandwerks.

Ausschließlich dem Glaserhandwerk zuzuordnende Tätigkeiten wurden von der Beklagten nicht durchgeführt. Das folgt schon daraus, dass die reine Montage von Fenster- und Türelementen, wie ausgeführt, auch Gegenstand des Tätigkeitsfeldes des Trockenbaumonteurs ist. Ob die Herstellung derartiger Elemente, verbunden mit dem Einbau, zu den ausschließlich dem Glaserhandwerk zuzurechnenden Tätigkeiten zählt, bedarf schon deshalb keiner Beurteilung, weil diese Tätigkeiten lediglich ca. 5% der Gesamtarbeitszeit des Kalenderjahres 2004 ausmachten.

Die arbeitszeitlich überwiegend durchgeführten Montagearbeiten wurden auch nicht von einem Fachmann des Glaserhandwerks beaufsichtigt. Insoweit kann es dahinstehen, ob dieses Merkmal nur dann vorliegt, wenn ein Meister des Glaserhandwerks vorhanden ist oder ob es ausreicht, dass jemand vorhanden ist, dessen Ausbildung der eines derartigen Meisters gleichsteht. Jedenfalls erforderlich ist es, dass jemand vorhanden ist, der eine abgeschlossene Ausbildung im Glaserhandwerk oder eine dem gleichgestellte Ausbildung absolviert hat. Das ist bei der Beklagten nicht der Fall. Der Arbeitnehmer Xxxxx verfügt unstreitig nicht über eine abgeschlossen Ausbildung im Glaserhandwerk.

Es wurden auch nicht Arbeiten, die auch dem Glaserhandwerk zuzurechnen sind, zu mindestens 20% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit von gelernten Glasern durchgeführt.

Freilich umfasst der von der Rechtsprechung verwendete Begriff des "gelernten Arbeitnehmers" nicht nur Gesellen. Ausreichend soll vielmehr sein, dass eine einem Gesellen vergleichbare Qualifikation durch Erfahrung erworben worden ist, wobei sich die insoweit erworbenen Kenntnisse allerdings nicht in der Vermittlung bestimmter Arbeitsverfahren erschöpfen dürfen, sondern sich umfassend auf die Grund- und Fachregeln des Glaserhandwerks erstrecken müssen (vgl. BAG 23. November 1988 und 16. Mai 2001 jeweils aaO. für das Dachdeckerhandwerk).

Nach diesen Maßstäben war im Klagezeitraum bei der Beklagten kein "gelernter Arbeitnehmer" des Glaserhandwerks tätig. Die Beklagte ist insoweit darlegungsfällig geblieben.

Aufgrund des Sachvortrages der Beklagten kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Arbeitnehmer Xxxxx die Merkmale eines "gelernten Arbeitnehmers" im Glaserhandwerk erfüllte.

Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer Xxxxx mehr als 20 Jahre in einer Glaserei und anschließend bei einem Unternehmen im Bereich Fensterbau tätig war, belegt nicht, dass dieser Arbeitnehmer damit Kenntnisse erworben hatte, die denen eines gelernten Glasergesellen gleichzusetzen sind. Denn hieraus lässt sich lediglich ableiten, dass dieser Arbeitnehmer bei seinen Vorarbeitgebern imstande war, die vertraglich geschuldeten Tätigkeiten zu erfüllen, ohne dass sich gleichzeitig erschließt, welche, durch Anleitung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten, die über ein durch Routine erworbenes Vermögen, Fensterrahmen und Glasscheiben einzusetzen, hinausgingen, erworben worden sind. Insoweit hätte es, wie das Arbeitsgericht bereits ausgeführt hat, näherer Darlegungen darüber bedurft, welche Breite und Tiefe die erworbenen Kenntnisse in welchen Bereichen hatten und was wie und durch wen vermittelt worden sein soll. Denn Kenntnisse und Fähigkeiten in der Fenster- und Türmontage sind nur ein Teil der für das Glaserhandwerk erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und werden zudem, wie ausgeführt, nicht nur im Glaserhandwerk sondern eben auch in anderen Berufsbereichen vermittelt.

Näherer Darlegungen konnte sich die Beklagte insoweit auch nicht dadurch entziehen, dass sie sich zum Beweis dafür, dass dieser Arbeitnehmer sämtliche Fähigkeiten und Kenntnisse eines Glasergesellen erworben hatte, auf das Zeugnis des Arbeitnehmers Xxxxx bezogen hat. Denn dessen Vernehmung liefe auf einen im Zivil- und damit auch im Arbeitsgerichtsprozess unzulässigen Ausforschungsbeweis hinaus. Ein solcher liegt nämlich vor, wenn ein Beweis angetreten wird, bei dem erst durch die beabsichtigte Beweisaufnahme die Grundlage zu substantiierten Tatsachenbehauptungen gewonnen werden soll (vgl BAG 24. Januar 1990 AP Nr. 125 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). So ist es hier. Denn die Beklagte will erst durch die Vernehmung des Zeugen die Tatsachen in Erfahrung bringen, die den Schluss darauf zulassen, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten des Zeugen denen eines gelernten Glasergesellen gleichstehen. Das ist nach prozessrechtlichen Grundsätzen unzulässig.

Ebensowenig ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten, dass der Arbeitnehmer Xxxxxxx "gelernter Arbeitnehmer" im Glaserhandwerk war. Denn dieser war nach dem Vortrag der Beklagten lediglich seit 1994 in einem Teilbereich des Glaserhandwerks, nämlich der Fenstermontage, tätig und wurde im Bereich Altbau von dem Zeugen Xxxxx angelernt. Daraus folgt nur, dass dieser Arbeitnehmer die bei der Beklagten anfallenden, nicht zu den Kerntätigkeiten des Glaserhandwerks rechnenden Montagetätigkeiten beherrscht, nicht aber, dass er darüber hinaus Fertigkeiten und Kenntnisse erworben hatte, die denen eines gelernten Glasers gleichstehen.

Kann danach auf der Grundlage der (bisherigen) Rechtsprechung des BAG nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte im Klagezeitraum einen Betrieb des Glaserhandwerks im Sinne von § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 4 VTV unterhielt, so gilt das erst recht, wenn man - entgegen der aufgezeigten Rechtsprechung des BAG - von der beiden Parteien bekannten Rechtsprechung der Berufungskammer (vgl. das die Parteien betreffende Kammerurteil v. 31. Oktober 2005 - 16 Sa 654/05) ausgeht.

Danach ist die Ausbildung der Arbeitnehmer kein geeignetes Kriterium zur Ermittlung der Merkmale eines "Betriebes des Glaserhandwerks nach § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 4 VTV, weil dieses Kriterium in den tariflichen Bestimmungen keine Stütze findet. Maßgeblich ist für die Erfüllung der Merkmale der Ausnahmebestimmung des § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr.4 VTV vielmehr, ob wesentliche Tätigkeiten dieses Handwerkszweigs vom Betrieb ausgeführt werden.

Das war im Klagezeitraum nicht der Fall.

Von wesentlichen Tätigkeiten eines Handwerks, hier des Glaserhandwerks, kann dann nicht gesprochen werden, wenn es sich um Tätigkeiten handelt, zu denen auch in staatlich anerkannten, nicht handwerklichen Berufen ausgebildet wird. Denn das signalisiert deutlich, dass es sich bei solchen Arbeiten lediglich um periphere und damit nicht wesentliche Arbeitsvorgänge im Rahmen eines Handwerks handelt. Es wäre nämlich widersprüchlich, als wesentliche handwerkliche Tätigkeiten auch solche anzusehen, zu deren Ausübung Kenntnisse eines Handwerks gar nicht verlangt werden (vgl. insoweit auch die durch Gesetz v. 24. Dezember 2003 [BGBl 2003 I S. 2933] veränderte Fassung von § 1 Abs.2 HandwO).

So ist es beim bloßen Einbau von Fenster- und Türelementen. Die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten werden nämlich, wie ausgeführt, nicht nur im Rahmen der Ausbildung zum Glaser vermittelt, sondern auch bei der nicht handwerklichen Ausbildung zum Trockenbaumonteur. Dann kann die Ausführung derartiger Tätigkeiten auch nicht die Merkmale einer "wesentlichen" Tätigkeit des Glaserhandwerks erfüllen. Die Regelungen der Handwerksordnung selbst belegen dies für den Fenster- und Türeinbau nachdrücklich. Denn der Einbau von Fenstern und Türen ist in der Anlage B zur Handwerksordnung ausdrücklich einem Gewerbe zugeordnet, das handwerksähnlich betrieben werden kann (III Nr. 24). Es wäre widersprüchlich, Tätigkeiten, die auch handwerksähnlich betrieben werden können, als wesentliche Tätigkeiten eines Handwerks anzusehen. Vielmehr kann es sich bei einem Betrieb, der solche Tätigkeiten ausübt, nur dann um einen Handwerksbetrieb handeln, wenn andere wesentliche Tätigkeiten des Handwerks hinzukommen.

Offen bleiben kann auch im vorliegenden Fall, ob zur Erfüllung der Merkmale des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 4 darüber hinaus zu verlangen ist, dass wesentliche Tätigkeiten des Glaserhandwerks arbeitszeitlich überwiegend durchgeführt werden (dafür Kammerurteil vom 05.Juni 1994 - 16 Sa 1072/93). Selbst wenn man davon ausgeht, es reiche die Durchführung wesentlicher Tätigkeiten aus, hilft das der Beklagten im vorliegenden Fall nicht. Denn jedenfalls darf der Umfang der Durchführung wesentlichen Tätigkeiten des Glaserhandwerks nicht unerheblich sein, weil sonst die von den Tarifvertragsparteien geforderte, tätigkeitsbezogen zu ermittelnde, Besonderheit des Glaserhandwerks fehlt. Setzt man diesen nicht unerheblichen Umfang, wie das BAG, mit 20% der Gesamtarbeitszeit an, hilft das der Beklagten nicht. Der arbeitszeitliche Umfang der nur sporadisch erfolgten Fertigung von Fenster- und Türelementen - unterstellt, dabei handele es sich um wesentliche Tätigkeiten des Glaserhandwerks - beträgt unstreitig nur ca. 5%.

Auch die in § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 11 VTV normierte Ausnahme für das Schreinerhandwerk greift zugunsten der Beklagten nicht ein. Das gilt schon deshalb, weil das Einbauen von Tür- und Fensterelementen, wie ausgeführt, unter die in dieser Norm im Wege der Rückausnahme wiederum in den betrieblichen Geltungsbereich von VTV einbezogenen Trocken- und Montagebauarbeiten, fällt.

Handelt es sich danach bei dem Betrieb der Beklagten im gesamten Klagezeitraum um einen solchen des Baugewerbes im tariflichen Sinne, so schuldet die Beklagte dem Kläger die von diesem geforderten Auskünfte.

Die Zubilligung eines Entschädigungsbetrages beruht auf § 61 Abs. 2 ArbGG. Der Höhe nach entspricht der Entschädigungsbetrag nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers 80 % der mutmaßlichen Beiträge. Das ist angemessen und ausreichend.

Die Beklagte hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs.1 ZPO).

Dass im Urteilstenor beider arbeitsgerichtlicher Entscheidungen eine Kostenentscheidung unterlassen wurde, beruht, wie die Ausführungen zur Kostentragung in den Entscheidungsgründen zeigt, auf einer offenbaren Unrichtigkeit. Diese war nach § 319 Abs.1 ZPO durch das Berufungsgericht zu korrigieren, weil das Rechtsmittelgericht, jedenfalls auch, für eine Berichtigung zuständig ist, solange der Rechtsstreit bei ihm anhängig ist (vgl. Reichold in Thomas/Putzo ZPO 27. Aufl. 2005 § 319 Rz 5 m.w.N.)

Eine gesetzlich begründeter Anlass zur Zulassung der Revision war nicht ersichtlich. Die Entscheidung beruht nicht auf einer Abweichung von der Rechtsprechung des BAG, weil sie, wie ausgeführt, auch auf der Grundlage der Rechtsprechung des BAG nicht anders ausfallen konnte.

Ende der Entscheidung

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